Vom Naturwissenschaftlichen Kränzchen zum Naturwissenschaftlichen Verein zu Krefeld e.V.

Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erlangten die Natur- und Ingenieurwissenschaften in den Augen der Gesellschaft steigende Bedeutung. Sie wurden als Motor des Fortschritts angesehen und verdrängten in dieser Funktion in Grenzen den Humanismus. Am 1. März 1858 trafen sich unter der Leitung von Dr. Friedrich-Ernst Nauck, des damaligen Direktors der Provinzial-Gewerbeschule (heute Fichte-Gymnasium) Ärzte, Apotheker, Chemiker, Lehrer, Kaufleute und Fabrikanten zur Gründung eines „Naturwissenschaftlichen Kränzchens“. Alle 14 Tage hielten Mitglieder Vorträge über aktuelle naturwissenschaftliche Themen. Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften etwa in Darwins Schriften über „Die Entstehung der Arten“ oder Kirchoffs und Bunsens „Spektralanalyse“ spiegelten eine neue Weltsicht wieder.

Im Laufe der Zeit verpflichtete der Verein (seit 1861 als „Naturwissenschaftlicher Verein zu Crefeld“) auch auswärtige Redner. Als 1884 in Düsseldorf ein ähnlicher Verein mit 19 Mitgliedern gegründet wurde, hatte der Krefelder Naturwissenschaftliche Verein bereits 120 Mitglieder und war zu einer in Krefeld bedeutenden Institution geworden. Es gehörte bald zum guten Ton, hier Mitglied zu sein. Zunächst diente der „Naturwissenschaftliche Verein zu Krefeld“ der Kommunikation und Weiterbildung seiner Mitglieder. Bald bekam er jedoch eine weitere Zielsetzung. So sollte zum einen das Interesse der Gesellschaft an natur- wissenschaftlichen Zusammenhängen auf breiter Ebene gesteigert werden, zum anderen sollten aber auch diesem Publikum interessante Vorträge zur Steigerung der Allgemeinbildung geboten werden.

Ab 1872 konnten auch Nichtmitglieder an den Vorträgen teilnehmen. Diese wurden begeistert aufgenommen – 1904 lockte ein Vortrag über die deutsche Südpolarexpedition von E. v. Drygalski 770 (!) Zuhörer in den Vortragssaal. 1908 wurden diese Aktivitäten mit der Eröffnung des »Natur- wissenschaftlichen Museums« im Kaiser Friedrich Hain gekrönt. Hier wurden zahlreiche naturwissenschaftliche Sammlungen des Vereins und seiner Mitglieder zusammengeführt. Das 1943 in der Bombennacht zerstörte Museum hatte damals deutlich mehr Besucher, als das damals schon weltberühmte »Kaiser Wilhelm Museum«. Die Wirren des 2. Weltkrieges brachten das Vereinsleben fast zum Erliegen – dem Engagement zahlreicher Vereinsmitglieder ist es zu verdanken, dass der Verein heute sehr vital sein 150-jähriges Jubiläum feiern kann.

Der Verein vermittelt seit fast 150 Jahren Kenntnisse über alle Zweige der Naturwissenschaften. In Vorträgen, Publikationen, Seminaren und Exkursionen hilft er die Natur zu entdecken, zu erleben und zu begreifen und erleichtert so eigene Meinungsbildungen. Themen zur Region Niederrhein, zum Naturschutz und zur Naturdenkmalpflege bilden deshalb Schwerpunkte der Vereinsarbeit. Damit deckt der NWV den Bereich zwischen naturwissenschaftlichen Spezialvereinen und praktisch arbeitenden Umweltschutzvereinen ab. Bekannte Krefelder Wissenschaftler haben das Profil des Vereins geprägt, u.a. Hans Hoeppner, Prof. Dr. Dr. Albert Steeger, Theo Schreurs, Herbert Casemir, Dr. Hans-Wilhelm Quitzow, Ernst Schraetz und die Professoren Dr. Günther Friedrich, Dr. Jan Lelley, Dr. Josef Klostermann und Dr. Karl Thome. Seit 1966 arbeitet der Verein eng mit der Volkshochschule Krefeld zusammen und zeigt auch dadurch sein Engagement in der regionalen Bildungsarbeit.

Schon frühzeitig hat der Verein Publikationen vielfältiger Art veröffentlicht:
  • Von 1888 bis 1926 Jahresberichte mit naturwissenschaftlichen Aufsätzen
  • Von 1927 bis 1942 Mitherausgabe der Zeitschrift „Die Natur am Niederrhein“
  • 1908 eine Festschrift zum 50jährigen Bestehen. Weitere Würdigungen erschienen 1918, 1933, 1938 und 1958
  • 1983 eine Festschrift zum 125jährigen Bestehen des Vereins unter dem Titel „Beiträge zur Naturgeschichte des Krefelder Raumes“
  • 1986 ein naturkundliches Wanderbuch „Neue Krefelder Naturpfade“
  • Seit 1986 Herausgabe einer eigenen Zeitschrift „Natur am Niederrhein, Neue Folge“ mit zwei Heften jährlich
  • 1991 eine Festschrift für Dr. Hans Wilhelm Quitzow „Natur und Landschaft“
  • 1996 eine Publikation „Der Raum Maas-Schwalm-Nette: Landes- und naturkundliche Beiträge
  • 2001 eine Festschrift für Prof. Dr. Günther Friedrich „Beiträge zur Gewässer- und Naturkunde Nordrhein-Westfalens“
  • 2008 "Krefeld und der Niederrhein" - Festschrift 150 Jahre Naturwissenschaftlicher Verein zu Krefeld e.V. 1858 – 2008
  • 2010 eine Festschrift für Prof. Dr. Josef Klostermann „Geologie und Archäologie am Niederrhein“